Im Geschäftsverkehr gilt eine E-Mail dann als zugegangen, wenn sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Wann die E-Mail tatsächlich zur Kenntnis genommen wird, ist dabei unerheblich. So entschied der Bundesgerichtshof (Az. VII ZR 895/21).
Im Jahr 2019 fand vor dem Landgericht Berlin ein Klageverfahren wegen Zahlung eines restlichen Werklohns statt. Dabei ging es u. a. um die Frage, ob zwischen den Parteien ein Vergleich über den Werklohn zustande gekommen war. Im Dezember 2018 hatte die Klägerin der Beklagten mittels einer an einem Donnerstag um 9.19 Uhr versendeten E-Mail die Zahlung eines Vergleichsbetrags angeboten. Wenige Minuten später widerrief sie wiederum mittels einer E-Mail das Vergleichsangebot. Sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht Berlin bejahten das Zustandekommen des Vergleichs. Die Klägerin habe das Vergleichsangebot nicht wirksam zurücknehmen können. Denn die entsprechende E-Mail sei der Beklagten zugegangen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Klägerin.
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Eine E-Mail sei im Geschäftsverkehr zugegangen, wenn sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Denn damit sei die E-Mail so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass er sie unter gewöhnlichen Umständen zur Kenntnis nehmen könne. Dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und zur Kenntnis genommen wird, sei für den Zugang nicht erforderlich. Damit sei hier die E-Mail zum Vergleichsangebot der Beklagten um 9.19 Uhr und damit innerhalb üblicher Geschäftszeiten zugegangen. Nachfolgend habe die Klägerin gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB das Angebot nicht mehr wirksam widerrufen können.
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