Eine Bestallung kann auch ohne Handschlag und Anwesenheit telefonisch wirksam sein, wenn sie im Übrigen ordnungsgemäß erfolgte und nachvollziehbare Gründe im Hinblick auf die Pandemielage für ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall vorlagen. So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 7 WF 74/23).
Die Antragstellerin wurde im April 2020 zur Vormundin über zwei Kinder bestellt, nachdem den Kindeseltern das Sorgerecht entzogen worden war. Die Vormundschaft sollte berufsmäßig geführt werden. Die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung der Vormundin fand aufgrund der Corona-Pandemie telefonisch statt. Über das Telefonat wurde ein ausführlicher Vermerk gefertigt. Gemäß der damals geltenden Regelung sollte die Verpflichtung „mittels Handschlags an Eides statt“ erfolgen (§ 1789 Satz 2 BGB i. d. F. bis zum 31.12.2022). Die Staatskasse lehnte einen Vergütungsantrag der Vormundin ab, da diese lediglich telefonisch bestellt worden sei. Das Amtsgericht hat demgegenüber die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg. Die Antragstellerin sei wirksam zur Vormundin bestellt worden. Sie sei telefonisch über die Aufgaben und Pflichten einer Vormundin unterrichtet und zu treuer und gewissenhafter Führung des Amtes verpflichtet worden. Der Umstand, dass diese Verpflichtung lediglich telefonisch erfolgte, führe nicht zu Unwirksamkeit der Bestallung: Der Wortlaut des damals geltenden § 1789 Satz 2 BGB stehe der Wirksamkeit nicht entgegen. Die dort vorgesehene Verpflichtung „mittels Handschlags an Eides statt“ stelle lediglich eine Soll-Vorschrift dar. Sowohl Handschlag als auch persönliche Anwesenheit seien demnach nicht gänzlich unverzichtbar. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Verpflichtung mittels Handschlags verfolge aus Sicht des historischen Gesetzgebers den Zweck, dem zu Verpflichtenden den Ernst und die Bedeutung der von ihm zu übernehmenden Pflichten zu verdeutlichen. Dies könne aber auch telefonisch geschehen. Auch der historische Gesetzgeber sei nicht davon ausgegangen, dass die persönliche Anwesenheit des Vormunds für die Verpflichtung zwingend sei.
Zu Recht sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Umstände des Einzelfalls ein Absehen vom Handschlag bei persönlicher Anwesenheit hier ausnahmsweise rechtfertigten. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Verpflichtung in Anwesenheit trotz der seinerzeitigen Pandemie-Lage möglich und zumutbar gewesen wäre. Entscheidend sei, dass es aus der damaligen Sicht nachvollziehbare und vernünftige Gründe für ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall gegeben habe.
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